schreibcoach-logo-wortmarke-600px

Tipps & Tricks

Schreibblockaden, die von innen kommen

von Klaus Eckardt

Kennst du das? Du sitzt vor deinem Manuskript und es geht einfach nicht weiter. So sehr du dich auch bemühst, dein Hirn ist im Blockade-Modus. Und auch die gängigen Techniken wie tiefes Durchatmen, ein wenig Meditieren oder ein Spaziergang in deinem Lieblingswald helfen nicht weiter. Was ist los mit dir? Woher kommt deine Schreibblockade? Und wie wirst du sie wieder los? In meinen Schreibcoachings erlebe ich immer wieder, dass Autorinnen und Autoren sich dann blockiert fühlen, wenn sie unbewusst an Dinge geraten, mit denen sie sich nicht auseinandersetzen können oder wollen. Nehmen wir als Beispiel die fiktive Johanna, die schon 150 Seiten ihres neuen Krimis geschrieben hatte. Story und Plot stimmten, die Figuren auch. Johanna ist eine erfahrene Autorin, die zu diesem Zeitpunkt schon zwei Romane vollendet hatte, so dass die Angst davor, der eigenen Aufgabe nicht gewachsen zu sein, als Ursache ausschied. Das Familiengeheimnis Interessant war der Zeitpunkt, an dem Johanna nicht weiterkam. Es war die Stelle, an der ihre Ermittlerin mehr oder weniger zufällig auf ein lange gehütetes Geheimnis ihrer eigenen Familie gestoßen war. Denn ihre Mutter war nicht, wie sie immer angenommen hatte, gut behütet bei ihren leiblichen Eltern aufgewachsen. Sie war als uneheliches Kind eines bekannten Unternehmers geboren worden und schon als Baby zu Pflegeeltern gekommen. Bis dahin war in der Geschichte alles glattgelaufen, sowohl für die Ermittlerin wie auch für Johanna als Autorin. Doch als die Ermittlerin nun plötzlich mit ihrem leiblichen Großvater, dem Unternehmer, zusammentreffen sollte, kam Johanna nicht weiter. Sie fühlte sich regelrecht sprachlos. Erst im Lauf der Coaching-Gespräche merkte Johanna, dass die Geschichte, die sie sich „ausgedacht“ hatte, sehr viel Ähnlichkeit mit dem hatte, was in ihrer eigenen Familie vorgefallen war – und worüber nie gesprochen wurde. Diese Erkenntnis löste ihre innere Verkrampfung ein wenig. Nicht so, dass sie weiterschreiben konnte, doch so weit, dass sie sich darüber klar werden konnte, warum es nicht weiterging.

Nicht zur Klärung bereit Jede weitere Zeile hätte sie in die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Geschichte gezwungen. Und zu der war sie zu diesem Zeitpunkt innerlich noch nicht bereit. Nachdem Johanna das erkannt hatte, war ihr klar: Sie musste so schnell wie möglich mit ihrer Mutter über die Familiengeschichte sprechen, um das Familiengeheimnis zu lüften. Wenn nötig – und so war es dann auch – wollte sie für diese Klärung die Unterstützung einer Therapeutin suchen. Für Johanna bedeutete dies eine Schreibpause von mehreren Monaten. Eine Pause, die sie nutzte, um vieles über sich und ihre Familie zu lernen. Eines Tages war dann der Moment da, an dem sie ihr Manuskript wieder hervorholte und befreit weiterschrieb. Die Klippe umschiffen Doch was hätte Johanna tun können, wenn sie sich nicht mit der Familiengeschichte hätte auseinandersetzen wollen? Dafür sehe ich zwei mögliche Wege: Zum einen hätte Johanna die Klippe pragmatisch umschiffen können, indem sie ihre Story so ändert, dass der Gang der Geschichte für sie selbst „unverfänglich“ wird. So ein Vorgehen erscheint mir erfolgversprechend, wenn sie sich ohnehin nicht sehr tief mit ihrem Stoff identifiziert und so eine große Distanz zu ihren Geschichten gehabt hätte. Wenn sie aber, wie sehr viele Autoren, ihre Geschichte mit Herzblut schreibt, wäre sie bald wieder vor der gleichen Hürde gestanden wie zuvor. Vor sich selbst davonlaufen, geht nicht Dann bleibt leider nur noch Möglichkeit Nummer drei: das Projekt zu beenden. Denn vor uns selbst können wir auf Dauer nicht davonlaufen. Und schreiben ist für die meisten Autorinnen und Autoren eben doch etwas, was tief aus ihrem Inneren kommt, auch – oder vor allem – wenn da ein paar Dämonen schlummern.