Tipps & Tricks
„Kleingehäckselt und ab in die Tonne“
von Klaus Eckardt
Hat dir schon mal jemand gesagt, dein Text sei „eine Selbstbeweihräucherung des Autors himself“ und das ganze Buch, in das du so viel Zeit und Herzblut investiert hast, „zum Davonlaufen“? Und diese Kritik kommt nicht mit offenem Visier in einem persönlichen Gespräch, sondern anonym im Internet, endend mit dem Hinweis, der oder die Verfasser(in) habe das Buch schließlich „kleingehäckselt und in die Tonne geworfen“. Ist diese bei Amazon noch immer nachzulesende Kritik an meinem Roman „Bestzeit“ nun außergewöhnlich starker Tobak? Oder ist sie Alltag im Internet, wo es sich so leicht über alles herziehen lässt? Wie auch immer: Als ich das zum ersten Mal gelesen habe, musste ich kräftig schlucken. Denn bislang waren alle meine Bücher durchweg freundlich aufgenommen worden.
Kritik kann hart und unfair sein
Klar ist, wenn wir als Autoren publizieren, setzten wir uns der öffentlichen Kritik aus. Und die kann nun mal auch hart und unfair, persönlich und polemisierend sein. Wie aber sollen wir damit umgehen? Wenn wir es schaffen, den ersten sehr menschlichen Impuls – nämlich zurückzuschlagen – zu unterdrücken, ist schon eine Menge gewonnen. Eine offene Auseinandersetzung mit einem Kritiker führt in der Regel zu gar nichts. Findet sie vor Publikum, etwa bei einer Lesung oder auch schriftlich statt, solidarisiert sich das Publikum meist mit dem Kritiker, auch wenn es seine Meinung nicht teilt. Das Beste ist, wenn jemand aus dem Publikum das Wort für dich ergreift – doch das lässt sich nicht unbedingt steuern. Rechtfertigungen wirken hilflos Bei Äußerungen, wie den anfangs zitierten, hilft nur, ruhig zu bleiben, auch wenn die Verteidigung durch andere ausbleibt. Sie selbst gegen solche Wertungen zu rechtfertigen, wirkt hilflos. Anders ist es, wenn es um rein sachliche Dinge geht: Die kann und soll man zurechtrücken – allerdings ganz ruhig. Ganz egal, wo und wie du kritisiert wirst, der wichtigste Tipp lautet: Erstmal tief durchatmen. Tipps für die Praxis Welche Reaktion dann die passende ist, hängt natürlich von den Umständen ab. Deshalb hier ein paar Szenarien, wie sie immer wieder vorkommen und meine Tipps dazu: Wirst du vor Publikum persönlich angegangen, etwa wie oben beschrieben, kannst du zunächst die Kritik wiederholen („Sie meinen also, mein Buch sei eine Selbstbeweihräucherung …“ oder „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie meinen …“). Dann löst Du die Kritik von der emotionalen Ebene und kennzeichnest sie als subjektive Betrachtung des anderen („Wenn Sie das so sehen, muss ich das so hinnehmen.“) und schließt vielleicht einen Allgemeinplatz an: „Das Werk lässt sich nie vom Autor lösen – wobei die Frage, wieviel vom Autor wirklich im Text steckt, meiner Ansicht nach sehr schwer zu beantworten ist.“ 2 Verkneif dir jede Rechtfertigung, auch wenn sie dir auf der Zunge liegt. Sagst du zum Beispiel „Das war ganz und gar nicht meine Absicht.“ gibst du dem anderen eine Steilvorlage für Sätze wie „Das mag ja sein, erreicht haben Sie aber etwas anderes“. Geht es um konkrete Dinge, kannst Du mit Fragen nachhaken. Sagt zum Beispiel jemand „Ihr Buch strotzt nur so vor Fehlern“, frag: „Woran genau machen Sie das fest?“ oder: „Können Sie mir dazu Beispiele nennen?“ Führt der Kritiker tatsächliche Fehler an, dann sei so souverän und räume sie ohne Wenn und Aber ein – allerdings wieder ohne Rechtfertigung: „Da haben Sie recht. Das werde ich in der nächsten Auflage korrigieren.“ oder: „Stimmt, da war ich ungenau.“ Bei gravierenden Fehlern kannst du auch sagen: „Das hätte mir nicht passieren dürfen.“ Irrt sich der Kritiker, sag ihm das ohne Arroganz oder Siegesgefühl: „Ich befürchte, Sie täuschen sich. Meine Recherchen haben genau das ergeben, was ich geschrieben habe.“ Vermeide auf jeden Fall, den anderen bloßzustellen. Es gibt Menschen, die machen gerne Vorschläge, wie die Handlung noch besser gewesen wäre. Nimm auch das positiv auf. Es zeigt, dass sie sich mit deinem Text auseinandergesetzt haben. Du zeigst Wertschätzung, ohne von deinem Weg abzurücken, wenn du die Vorschläge anderer lobst und sagst: „Das wäre sicher auch eine gute Möglichkeit gewesen“ oder: „Das merke ich mir gerne für meine nächste Geschichte.“ Auch gelobt werden ist nicht einfach Für viele Menschen ist es auch gar nicht so einfach, mit Lob, vor allem mit öffentlichem Lob, umzugehen. Sie neigen dann dazu, abzuwiegeln („Ach, so schwierig war es doch gar nicht.“ oder: „Ich hatte ja gute Helfer.“) Lerne, dich über Lob zu freuen – und sag das auch: „Vielen Dank, es tut gut, das zu hören.“ oder „Ich freue mich sehr, dass Ihnen mein Buch gefällt.“ oder „Vielen Dank. Ich freue mich sehr, wenn Sie mich weiterempfehlen.“ Auch hier gilt: Keine weitschweifigen Erklärungen. Ob positive oder negative Kritik: Achte auf deine Körpersprache. Stell oder setz dich gerade hin und blicke den Menschen ins Gesicht statt auszuweichen und auf den Boden zu starren. Mit Offenheit und Souveränität gewinnst du die Herzen des Publikums. Das kann man übrigens zu Hause vor dem Spiegel sehr gut üben.