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Tipps & Tricks

Spielend Dialoge entwickeln

von Klaus Eckardt

Wer lebendige und facettenreiche Dialoge schreiben möchte, dem können kleine Rollenspiele helfen. Die Idee dahinter: Wenn wir uns in unsere Figuren hineinversetzen, finden wir spielerisch heraus, was sie bewegt, wie sie in bestimmten Situationen reagieren und was sie dann zueinander sagen. 

Der Kommissar will‘s wissen 

Nehmen wir an, Du schreibst an einem Kriminalroman. Der Kommissar vernimmt eine Frau, die er verdächtigt, jemanden ermordet zu haben – doch hat er bislang keine Beweise. Versetz Dich zunächst in die Rolle des Kommissars und beantworte Dir so viele Fragen wie möglich zu seiner Person: Wie sieht er aus? Welche Körperhaltung nimmt er ein? Was ist er für ein Mensch? Welches sind seine wichtigsten Werte bei der Arbeit? Was hat er für eine Stimme? Was fühlt er in diesem Moment? (Steht er unter Druck? Hat er private Sorgen?) Du kannst hier auch die „Leuchtturmmethode“ (Tempest 15-02 vom 20. Februar 2013) anwenden, um noch mehr über Deine Figur zu erfahren. Bei der verdächtigen Frau gehst Du ebenso vor. Mach Dir klar, was sie bewegt, wie sie denkt, was sie in dem Gespräch erreichen oder vermeiden will. 

Ein Anker hilft, sich in die Figur zu versetzen 

Such Dir für jede Figur einen Anker, das heißt, präge Dir ein Detail ganz fest ein, das Dich sofort ins Gefühlsleben dieser Figur hineinversetzt, sobald Du daran denkst. Das kann eine typische Handbewegung ein, ein Kleidungsstück, das Du Dir vorstellst, eine körperliche Besonderheit. Hast Du das alles vorbereitet, beginnt das Rollenspiel. Nimm Dir zwei Stühle und markiere sie mit den Namen der beiden Personen. Oder schreibe die Namen auf zwei Blätter Papier, die Du auf den Boden legst. Mit welcher Figur möchtest Du beginnen? Vielleicht mit dem Kommissar, weil er der aktive Part ist? Setzt Dich auf seinen Stuhl oder stell Dich auf das Blatt mit seinem Namen und fühle Dich mit allen Sinnen in ihn hinein. Was sieht er? Was hört er? Was fühlt er? Was riecht er und was schmeckt er? Nimm alles genau wahr, bevor Du die Position verlässt. Schüttle Dich kurz und wechsle in die Position der Frau. Nimm auch sie mit allen Sinnen wahr. 

Stühlchen wechsel Dich 

Verlass auch diese Rolle wieder und wechsle zurück auf den Platz des Kommissars. Wie eröffnet er das Gespräch? Sprich es laut aus, mit genau der Stimme, die Du für den Kommissar vorgesehen hast. Wechsle wieder den Platz. Fühl Dich in die Frau hinein. Was antwortet sie? Wechsle wieder. Was sagt der Kommissar? Mach das solange, bis Du das Gefühl hast, dass das Gespräch so passt. Dadurch, dass Du den Dialog nicht nur im Kopf entwickelst, sondern ihn spielst, schaffst Du es viel leichter, den richtigen Ton und die richtige Reaktion zu finden. Sobald Du mit dem Dialog zufrieden bist, schreib ihn auf. 

Aufnahme läuft

Wenn Du Deine Geistesblitze nicht vergessen möchtest, kannst Du während Deines Rollenspiels ein Aufnahmegerät laufen lassen (am einfachsten die Diktiergeräte-App Deines Smartphones). Dann brauchst Du Deinen Dialog nur noch abzuschreiben und zu redigieren. 

Viel Erfolg wünscht Dir 
Dein Schreibcoach

Klaus Eckard